AG Limburg, Urteil vom 23.04.2015, AZ: 4 C 1277/14 (17)

Hintergrund
Die Parteien streiten über restliche Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige ermittelte in seinem Gutachten einen Wiederbeschaffungswert von 22.000,00 € und einen Restwert von 10.500,00 €. Tatsächlich konnte der Kläger sein Fahrzeug jedoch zu einem Restwert von 12.000,00 € veräußern, den er vorliegend auch anrechnet.

Nachdem der Kläger sein Fahrzeug veräußert hatte, wurde ihm von der Beklagten ein Restwertangebot in Höhe von 14.600,00 € übermittelt. Der höhere Restwert wurde von der Beklagten bei der Abrechnung zugrunde gelegt. Sie ist der Auffassung, der Kläger müsse sich an das zeitlich spätere, gleichwohl höhere Restwertangebot festhalten lassen.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte vollumfänglich Erfolg.

Aussage

Das AG Limburg führt in seinen Entscheidungsgründen aus, dass der Kläger sein Fahrzeug zu dem genannten Preis veräußern durfte. Der Geschädigte darf das Unfallfahrzeug grundsätzlich zu dem vom Sachverständigen angegebenen Restwert veräußern, ohne es zuvor dem Haftpflichtversicherer anzubieten oder abwarten zu müssen, bis dieser eine eigene Schätzung vornimmt.

Der Geschädigte braucht den Versicherer des Schädigers auch nicht vorab von der beabsichtigten Veräußerung zu informieren, um diesem Gelegenheit zu geben, ein etwaiges Restwertangebot abzugeben oder auf ein solches zu Angebot zu warten.

Eine vorherige Pflicht zur Vorlage des Restwertgutachtens gegenüber dem Schädiger oder gar eine entsprechende Wartepflicht nimmt das Gericht nicht an, da dies zum einen den vom BGH aufgestellten Grundsätzen widerspricht und darüber hinaus zu einer Verzögerung der Schadenregulierung führt (vgl. BGH vom 23.11.2010, AZ: VI ZR 35/10).

Der Klage wurde daher stattgegeben.

Praxis

Das AG Limburg schließt sich der Rechtsprechung des BGH an und sieht keinen Anspruch der Versicherung darauf, dass der Geschädigte mit der Veräußerung des Fahrzeugs zu dem ordnungsgemäß im Gutachten ermittelten Restwert so lange wartet, bis die Versicherung ein eigenes Restwertangebot unterbreitet hat (vgl. BGH vom 23.11.2010, AZ: VI ZR 35/10). Dies würde die Dispositionsbefugnis des Geschädigten in unzulässiger Weise einschränken.

Der Geschädigte soll „Herr des Restitutionsgeschehens“ bleiben und darf daher selbst bestimmen, wie er mit der beschädigten Sache verfährt. Der Geschädigte hat ein berechtigtes Interesse daran, seinen Schaden so schnell wie möglich zu regulieren.

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